Bauherren und Architekten müssen bereits bei der Planung eines Gebäudes dessen spätere Nutzung und hierfür erforderliche Regelungen beachten. Dabei gehen Anforderungen an Arbeitsstätten oft über das Baurecht hinaus. Ausnahmen sind aber in Einzelfällen möglich.
Die strengere Norm gilt
Bei der Planung eines Gebäudes müssen Sie als Architekt oder Bauherr gleich mehrere Rechtsvorschriften parallel beachten. Insbesondere wenn Sie eine Arbeitsstätte planen, also ein Gebäude in dem später einmal Beschäftigte im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes arbeiten sollen, sind die Gesetze und Verordnungen des Arbeitsschutzes schon bei der Gebäudeplanung zu berücksichtigen. Eine besondere Bedeutung kommt hier der Arbeitsstättenverordnung zu, aus der sich an manchen Stellen strengere Anforderungen ableiten lassen, als beispielsweise aus der Bauordnung NRW. So fordert die BauO NRW bis zu einer Absturzhöhe von 12 Metern eine Brüstungshöhe von mind. 0,9 Metern, das Arbeitsstättenrecht hingegen eine Umwehrung von mind. 1,0 Metern. Ab 12 Metern Absturzhöhe kommen in beiden Rechtsgebieten noch einmal 10 Zentimeter hinzu. Derartige Beispiele gibt es mehrere. Auch andere Normen, wie z. B. die Schulbaurichtlinie NRW oder die Sonderbauverordnung NRW müssen stellenweise um Anforderungen des Arbeitsstättenrechts „ergänzt“ werden.
Gesetz, Verordnung, Technische Regel – Die Normenhierarchie
Regelung in Gesetzen und Verordnungen werden vom jeweiligen Normgeber festgeschrieben. Hiervon kann grundsätzlich nur auf Grund einer entsprechenden Ermächtigung, welche sich ebenfalls aus Gesetzen und Verordnungen ergeben muss, abgewichen werden. Hierbei ist stets genau zu prüfen, wer diese Abweichung beantragen darf. So besagt die Arbeitsstättenverordnung, dass der Arbeitgeber unter bestimmten Umständen von den Regelungen der Verordnung und deren Anhang auf Antrag bei der zuständigen Behörde abweichen darf.
Von technischen Regeln, wie den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) darf ohne besondere Genehmigung abgewichen werden. Jedoch muss dann im Zweifelsfall durch den Arbeitgeber nachgewiesen werden können, dass die Anforderungen, z. B. des Arbeitsschutzgesetzes und der Arbeitsstättenverordnung, durch die Schaffung von Kompensationsmaßnahmen eingehalten werden. Dies geschieht zunächst einmal durch die Betrachtung der Abweichung in der Gefährdungsbeurteilung. Diese ist durch entsprechende Stellungnahmen und Sachverständigengutachten, welche vom Arbeitgeber vor Tätigkeitsaufnahme der Beschäftigten vorzuhalten sind, zu bestätigen.
Ausnahmen von allgemeinen Schutzzielen der Arbeitsstättenverordnung, zum Beispiel der Forderung nach ausreichend gesundheitszuträglicher Atemluft oder nach möglichst ausreichendem Tageslicht, sind nicht möglich. Für konkrete Maßnahmenforderungen, z. B. der Sichtverbindung in Pendeltüren, kann jedoch ein Ausnahmeantrag gestellt werden.
Anforderungen an einen Ausnahmeantrag
Der Arbeitgeber hat nachzuweisen, dass er andere, ebenso wirksame Maßnahmen trifft oder die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Härte führen würde und die Abweichung mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist.
Der Antrag ist schriftlich ohne besondere Form zu stellen. Darüber hinaus sind je nach Sachlage z. B. Sachverständigengutachten, Stellungnahmen der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes oder anderer Stellen notwendig. Da es sich stets um Einzelfallentscheidungen handelt, sollte rechtzeitig vor Antragstellung der Kontakt zum Dezernat 56 der Bezirksregierung Köln gesucht werden.
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